Hilfe kommt aus Bregenz, doch Bregenz ist weit, pflegte Franz Kafka einst zu sagen, und Bregenz ist weit von der Welt der international agierenden Galerien, der großen Sammler, der umtriebigen Kunsthochschulen, ja dem Kunstzirkus, trotz oder mittlerweile auch wegen des bisweilen allzu esoterischen Kunsthauses, des neuen Landesmuseums, das Alltagskultur und Kunst verwegen durcheinanderwürfelt, und einer Künstlervereinigung, die Basiskultur gelegentlich mit Kunst verwechselt.
Und selbst die allgegenwärtigen Durchhalteparolen versprengter Kultur-Aficionados zwischen KUB, Cuenstler, Neptun und Bongustaio, die gebetsmühlenhaft wiederholen, Zürich, München und Mailand wären so nah, verhallen an der simplen Tatsache, dass nah nicht hier ist und Hin- und Rückfahrt mindestens zwei Stunden dauern.
Dennoch auch Lob, welches kleine Land verfügt über eine derart dichte und vielseitige kulturelle Infrastruktur, doch das ändert nichts daran, dass für Künstler, deren Vernetzung und Karriere Vorarlberg Provinz bleibt. Und nun zur Hilfe.
Natürlich gibt es da das Kunsthaus, den Kunstraum Dornbirn, das Magazin 4, vor allem aber bedarf es Lichtgestalten, die Vorarlberg auf die internationale künstlerische Landkarte setzen. Versetzen wir uns ins Jahr 1972. Die Bregenzerin Ursula Krinzinger, die längst in Wien beheimatete und international überaus umtriebige Grande Dame unter den internationalen Topgaleristen, zeigte in ihrer damaligen Bregenzer Galerie ihre erste Ausstellung mit Gottfried Bechtold. Bechtold präsentierte seinen Betonporsche, als Abguss seines eigenen Fahrzeuges, und brachte damit die zeitgenössische Kunst quasi als Skandal erstmals nach Bregenz.
Wohlgemerkt, ich spreche nun nicht von Göpf, dem Lokalmatador, denn so angenehm dies zu manch später Stunde bei Alkohol und Dame sich fruktifizieren lässt, so schwer lastet es als lokale Hypothek und internationale Absenz auf der potenziellen Weltkarriere, nein, ich spreche von Gottfried Bechtold, einem der wohl meistunterschätzten österreichischen Künstler. Gottfried Bechtold, der den Silvretta-Staudamm mit seiner Unterschrift aus riesigen Stahllettern versah, der eine Herkules-Transportmaschine in den Herkules-Barocksaal des Palais Liechtenstein in Wien verfrachten wollte und der für seine interkontinentale Skulptur vor der UN in Wien tonnenschwere Steine aus dem Herzen der fünf Kontinente zusammentrug, all das Meisterwerke eines künstlerischen Megalomanen.
Bechtold ist ein österreichischer Ausnahmekünstler, den Peter Weibel etwa in die Reihe jener führenden internationalen Künstler wie Buren, Graham oder Smithson stellt, die am Wandel des Skulpturenbegriffs entscheidenden Anteil hatten.
Bechtold ist ein Künstler, der sich nicht im österreichischen Mainstream des expressiv Gestischen, des theatral Rituellen, das spritzt, übermalt, schreit, Possen reißt, heimisch fühlt, er fand seine Bezüge bei Duchamps, in der amerikanischen Konzeptkunst, der Land-Art, dem Minimalismus und der Medienkunst. Seine Orientierung an der internationalen Avantgarde stand seiner österreichischen Karriere ebenso im Wege wie seinem endgültigen internationalen Durchbruch sein Verharren in heimatlichen Gefilden.
Welch Kapazunder Bechtold ist, belegte jüngst Ursula Krinzinger, nun 40 Jahre nach der Bregenzer Ausstellung, mit einer sensationellen Ausstellung in Wien, in der Gottfried Bechtold in einem Paarlauf mit dem internationalen Kunststar Chris Burden zu sehen war, zwei Künstler, die bis heute mit ungebrochener Radikalität an der Erweiterung des Kunst- und Skulpturenbegriffs arbeiten.
Und da fasziniert Bechtold, der seiner großen Obsession, seinen Porscheprojekten und seinem Lebensthema der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Raum und Zeit, Mobilität und Immobilität, Dynamik und Schwere treu blieb, mit einem in eine 500 PS starke wunderschöne hybride Skulptur verwandelten Porsche Panamera.
Gottfried Bechtold ist ein Weltkünstler, eine jener Lichtfiguren, die das Kunstland Vorarlberg mit künstlerischer Energie aufladen, denen man aber auch etwas weniger Sitzfleisch wünschen muss, damit Bregenz und Vorarlberg weniger weit sind als Kafka einst glaubte.